GunBoard.de Posted September 24, 2015 at 02:43 PM Share Posted September 24, 2015 at 02:43 PM Ein Angeklagter, der einen Polizisten übelst beschimpft und dann auch noch ins Gesicht spuckt. Der Polizist ekelt sich und hat einen Brechreiz. Der BGH musste sich damit befassen, ob solche Feststellungen auch für eine Körperverletzungsverurteilung ausreichen. Nein, meinte der BGH. Jedenfalls im subjektiven Bereich bedarf es weiterer Feststellungen: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung(Fall II. 1. der Urteilsgründe) sowie wegen Beleidigung in Tateinheitmit Körperverletzung (Fall II. 2. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafevon drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die wirksam auf die Verurteilungin Fall II. 2. der Urteilsgründe beschränkte, auf die Rüge der Verletzungmateriellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.1. Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte am12. Dezember 2014 den Kriminalhauptkommissar S. zunächst unter anderemmit den Worten "Arschloch" und "Wichser" titulierte und sodann zweimal indessen Richtung spuckte, wobei der zweite Auswurf diesen im Gesicht traf.Dies erzeugte beim Beamten starke Ekelgefühle und Brechreiz, die bis in die Abendstunden anhielten. "Bei seinem Handeln wollte der Angeklagte den Zeugen[…] in dessen Ehre herabsetzen, ihn erniedrigen und nahm die bei diesemeingetretenen Ekelgefühle billigend in Kauf".2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Körperverletzungnicht. Sie belegen zwar den objektiven, nicht jedoch den subjektiven Tatbestanddes § 223 Abs. 1 Alternative 1 StGB.Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung,die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Januar 1974 - 3 StR 324/73, BGHSt 25,277). Seelische Beeinträchtigungen als solche genügen nicht; nötig sind vielmehrkörperliche Auswirkungen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2012- 2 StR 60/12, NStZ-RR 2012, 340). Danach erfüllt vorliegend zwar nicht diebloße Erregung von Ekelgefühlen (aA RG, Urteil vom 30. Mai 1910 - 3 D359/10, GA 58, 184, 185; dagegen schon OLG Zweibrücken, Beschluss vom18. Juni 1990 - 1 Ss 238/89, NJW 1991, 240, 241), jedoch das Hervorrufen vonBrechreiz das Tatbestandsmerkmal (vgl. zu durch Angst hervorgerufene MagenschmerzenBGH, Urteil vom 15. Oktober 1974 - 1 StR 303/74, MDR 1975,22; insgesamt S/S-Eser, StGB, 29. Aufl., § 223 Rn. 4).Einen auf die Verursachung von Brechreiz bezogenen Vorsatz des Angeklagtenhat die Strafkammer indes nicht festgestellt, weshalb die Verurteilungwegen (vorsätzlicher) Körperverletzung keinen Bestand haben kann. Den entsprechendenSchuldspruch gemäß dem Vorschlag des Generalbundesanwaltsentfallen zu lassen, kommt allerdings nicht in Betracht. Selbst wenn weitereFeststellungen zu einer zumindest billigenden Inkaufnahme nicht zu erwartenwären, stünde jedenfalls eine fahrlässige Körperverletzung im Raum (§ 229StGB). 3. Die deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch die in Tateinheitzur Körperverletzung stehende, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellteBeleidigung (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). DerWegfall der Einzelstrafe bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe. BGH, Beschluss vom 18.8.2015 - 3 StR 289/15 Link to comment Share on other sites More sharing options...
Jägermeister Posted September 25, 2015 at 02:25 AM Share Posted September 25, 2015 at 02:25 AM Kann man doch nur hoffen, dass den Richtern so etwas mal wiederfährt. 1 Link to comment Share on other sites More sharing options...
Qnkel Posted September 25, 2015 at 04:13 AM Share Posted September 25, 2015 at 04:13 AM Klingt für mich nach: weiße Folter ist keine Körperverletzung. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Greenhawker Posted September 25, 2015 at 07:00 AM Share Posted September 25, 2015 at 07:00 AM Kann man doch nur hoffen, dass den Richtern so etwas mal wiederfährt.Am besten mit Hepatitis C oder ähnlichem verziert. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Jägermeister Posted September 25, 2015 at 07:14 AM Share Posted September 25, 2015 at 07:14 AM Am besten mit Hepatitis C oder ähnlichem verziert.Der Punkt ist imho gar nicht gewürdigt worden. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Glockologe Posted September 25, 2015 at 07:25 AM Share Posted September 25, 2015 at 07:25 AM Der Punkt ist imho gar nicht gewürdigt worden. Genau mein Gedanke eben. Irgendwo gibt es ein Urteil, daß man einem solchen Spucker, reflektiv eine scheuern kann und es fallt unter Paragraph 32. Muß mal nachsehen. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Jägermeister Posted September 25, 2015 at 07:50 AM Share Posted September 25, 2015 at 07:50 AM Zumindest die versuchte Körperverletzung wäre meines Erachtens (wegen potentieller Ansteckungsgefahr) möglich gewesen. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Glockologe Posted September 25, 2015 at 08:07 AM Share Posted September 25, 2015 at 08:07 AM Das ist auch in der Begrundung so angeklungen. Der Vorsatz wurde verneint. Link to comment Share on other sites More sharing options...
George Posted September 25, 2015 at 08:57 AM Share Posted September 25, 2015 at 08:57 AM Ich mags ja kaum sagen, aber Prügelstrafe hat irgendwie was. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Jägermeister Posted September 25, 2015 at 12:56 PM Share Posted September 25, 2015 at 12:56 PM Das ist auch in der Begrundung so angeklungen. Der Vorsatz wurde verneint.Warum dann der Freispruch? Link to comment Share on other sites More sharing options...
Glockologe Posted September 25, 2015 at 02:09 PM Share Posted September 25, 2015 at 02:09 PM Die Anklage lautete auf auf VORSÄTZLICHE Körperverletzung. Da der Vorsatz nicht zu beweisen war, konnte auf dieser Basis nicht verurteilt werden. Es ist kein Freispruch. Dieser Teil des Urteils wurde kassiert und muß neu verhandelt werden.Ich kenne den deutschen Terminus nicht, in Österreich, heißt es in einem solchen Fall: Zurückverwiesen an die erste Instanz. Link to comment Share on other sites More sharing options...
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